Am 11.03.17 erschien in der taz.am wochenende ein mehrseitiger Artikel, der die Arbeitsbedingungen der Berliner Fahrradkurier*innen beleuchtet. Insgesamt fällt das Urteil sehr hart aus. taz-Redakteur Ralf Pauli schreibt in dem Artikel:
»Kein Bürojob und hippe Klamotten: Viele Fahrradkuriere fühlen sich erst cool, dann ausgebeutet – davon wissen zwei Aussteiger zu berichten.«
und:
»Das heißt: Wer nicht Vollzeit fährt oder fahren kann, verdient so gut wie kein Geld. Das trifft zum Beispiel Studierende, die während des Semesters wenig Zeit für einen Nebenjob haben. Wer nur einen Tag die Woche fahren kann, verdient de facto kein Geld, weil er dennoch die Pauschale zahlen muss – selbst wenn einige Kurierdienste in diesem Fall weniger verlangen.«
Fahrwerk: Solidarität statt finanzieller Hierarchie
Fahrwerk ist vor einigen Jahren angetreten, die Arbeitsbedingungen für Fahrradkurier*innen in Berlin zu verbessern. Wichtig ist uns, dass innerhalb von Fahrwerk Solidarität statt finanzieller Hierarchie herrscht und alle, egal ob Neuling, Profi oder Büromensch, gleichermaßen von ihrem Verdienst leben können und die gleiche Wertschätzung erhalten.
Auch wir, das müssen wir zugeben, sind noch nicht da, wo wir uns selber gern hätten – vor allem der Preisdruck innerhalb der stark kompetitiven Branche ist ein großes ein Problem, das auch uns zu schaffen macht.
Wir freuen uns, dass unsere Arbeit in dem Artikel in der taz anerkannt und gewürdigt wird:
»Der einzig kollektiv verwaltete Kurierdienst Berlins zwängt sich in drei winzige Zimmer in der Mühsamstraße. Mitten im gentrifizierten Friedrichshain wollen die 30 KurierInnen von „Fahrwerk“ dem Kapitalismus ein Schnäppchen schlagen. „Wir haben alle dieselbe Verantwortung und denselben Lohn, egal welche Aufgaben wir übernehmen“, sagt Mika Koopmann. „Dadurch gibt es nicht die übliche Konkurrenzsituation zwischen den KurierInnen.“
Der 26-Jährige ist Leiter der AG Marketing. So wie Koopmann regelmäßig Flyer gestaltet, warten andere das Lastenrad oder machen die Buchhaltung. Die Stunden werden aufgeschrieben und nach Mindestlohn bezahlt – mittlerweile. „Vor ein paar Jahren stand manchmal noch die Vier vor dem Komma. Aber wir sind stark gewachsen.“ Deshalb werden alle, die ins Kollektiv eintreten und Büroaufgaben übernehmen, auf Wunsch fest angestellt und somit bei Krankheit oder Unfall weiterbezahlt. Und vor allem: Es gibt keine Pauschale, die KurierInnen ausbeutet, sagt Koopmann. „Was wir mit Fahrwerk wollen, ist die übliche Hierarchie aufbrechen zwischen denen unten, die die Arbeit machen und schlecht bezahlt werden, und einigen wenigen oben, die die Gewinne einstreichen.“«
„Kollektiv Spermien fahren“
Auch einer unserer Kunden kommt erfreulicherweise in dem Artikel zu Wort. Die Berliner Samenbank versendet mit uns seit mehr als einem Jahr ihre tiefgefrorenen Spermien innerhalb Berlins und Deutschlands:
»Mit ihren Prinzipien kommt Fahrwerk bei vielen Kunden gut an. Etwa bei Ann-Kathrin Hosenfeld von der Berliner Samenbank. „Fahrwerk ist für mich sehr authentisch“, sagt sie. Seit anderthalb Jahren beauftragt die Laborleiterin die Kollektivkuriere fast täglich damit, tiefgefrorene Spermien durch die Stadt zu fahren. Eine Ware, die beim Transport eine besondere Behutsamkeit erfordert. „Die Spermien sind in einem Stickstoff-Dampfbehälter zwar sicher verpackt. Dennoch muss die Probe unbedingt aufrecht transportiert werden“, sagt Hosenfeld.
Bei den Fahrwerk-Kurieren schätzt sie nicht nur die Zuverlässigkeit. „Der Umweltaspekt ist mir ein wichtiges Anliegen“, sagt Hosenfeld. Die Fahrwerk-Kuriere fahren die Proben bei jedem Wetter mit dem Lastenfahrrad. Bei anderen Kurierdiensten, mit denen die Samenbank zuvor zusammengearbeitet hat, sei schon mal ein Dieselauto vorgefahren.«
Den vollständigen Artikel findet ihr hier als PDF oder (ohne Bilder) hier.